Was Sie bei der Aufnahme der internationalen Praktikanten in Deutschland beachten sollten.

Deutschland ist für viele internationale Studierende ein beliebtes Praktikumsland. Wir sind bekannt für fundierte Ausbildungsgänge, die theoretische und praktische Anteile vereinen. Dabei spielt die Frage der Verortung in der beruflichen Ausbildung oder in der Hochschulausbildung kaum eine Rolle. Für Unternehmen in Sachsen bedeutet diese gute Reputation, dass die Wahrscheinlichkeit einer an sie gerichteten entsprechenden Anfrage steigt.

Das LEONARDO-BÜRO SACHSEN verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung darin, Praktikanten international zu entsenden und zu empfangen. Seither arbeiten wir auch mit nationalen und internationalen Unternehmen zusammen. Auf den folgenden Seiten haben wir für Sie alle wichtigen Schritte und Informationen zusammengestellt, die für die Aufnahme eines internationalen Praktikanten und die erfolgreiche Durchführung eines entsprechenden Praktikums notwendig sind.

Für darüber hinausgehende Fragen bitten wir Sie, uns persönlich zu kontaktieren. Die entsprechenden Kontaktdaten finden Sie rechts.

Wir freuen uns, Sie im Kreis der (wiederholt) aufnehmenden Einrichtungen begrüßen zu können, wünschen Ihnen und Ihren Praktikanten viele gute gemeinsame Erfahrungen.

Was Sie bei einer Praktikumsanfrage beachten sollten.

Insofern es nicht schon in der Anfrage enthalten ist, erfragen Sie zunächst, bis zu welchem Datum der Bewerber eine endgültige Entscheidung von Ihnen benötigt. Studierende sind häufig unter zeitlichem Druck – sie müssen sich für oder gegen ein Semester/einen Zeitraum im Ausland entscheiden und unterliegen dabei den Rückmeldefristen der Heimathochschule.

Prüfen Sie daher:

  1. Ob die Anfrage fachlich zum Aufgabenspektrum Ihres Unternehmens passt.
  2. Ob das vorhandene Arbeitsaufkommen es zum angefragten Zeitraum des Praktikums zulässt,
    • dass ein Praktikant eine sinnvolle Aufgabenstellung bearbeiten kann,
    • dass der bestellte, verantwortliche Betreuer auch noch die Zeit aufbringen kann, einen Praktikanten zu betreuen.
      Bedenken Sie: Praktika sind primär Lerneinheiten im Rahmen eines Ausbildungsganges, sie dienen nicht der Überwindung kurzfristiger Arbeitsüberlast.
  3. Ob die Betreuung in der gewünschten Arbeitssprache (häufig Englisch) nicht nur vom direkten Betreuer geleistet werden kann, sondern
    • auch von anderen Kollegen, zur Schaffung eines breiteren Kommunikationsumfeldes,
    • auch in den schriftlichen Unterlagen gewährleistet ist, damit der Studierende sich in die ihm anvertraute Thematik einarbeiten kann.
  4. Inwieweit ein Praktikumsentgelt oder nichtmonetäre Unterstützungsleistungen (Unterkunft, Transportkostenerstattung, kostenfreie Verpflegung) möglich sind.

Teilen Sie Ihre daraufhin getroffene Tendenz dem Bewerber mit. Ggf. erfragen Sie ein Skype-Interview zur Feststellung der tatsächlichen Sprachkenntnisse, vor allem wenn es um die Arbeitssprache Deutsch geht und die Betreuung in der Landessprache oder in Englisch im Unternehmen nicht abgesichert werden kann.

Was Sie bei der Erstellung des Praktikumsvertrages beachten sollten.

Der internationale Praktikant kommt entweder im Rahmen eines Förder-/ Austauschprogrammes (1) oder als sog. „free mover“ (2).

(1) Wird der Studierende über ein Förderprogramm unterstützt (meist Erasmus+, aber auch andere, länderspezifische Förderprogramme sind denkbar), bringt er die entsprechenden Unterlagen schon mit.

  1. Ihre erste Aufgabe ist es dann, den (zumeist in English verfügbaren) Text genau zu lesen und zu überprüfen, ob er den in Ihrem Unternehmen üblichen Gegebenheiten an bestimmten Stellen wiederspricht. Dies bezieht sich auf mögliche
    • Geheimhaltungsklauseln,
    • Eigentumsansprüche von im Praktikumsverlauf entstandenen Werken,
    • (Vermittlungs-)Gebührenpflichten,
    • Versicherungsvorschriften,
    • andere Anforderungen, die ggf. an Sie als aufnehmende Einrichtung gestellt werden könnten.
  2. Fallen Ihnen derartige Klauseln auf und können oder wollen Sie diese Klauseln nicht erfüllen, müssen diese mit dem Studierenden oder seiner entsendenden Hochschule besprochen und ggf. gestrichen werden. Bitte bedenken Sie, dass diese Art Verträge häufig aus Sicht des Entsendelandes mit seinen dort üblichen Regeln und Verpflichtungen und zumeist in Unkenntnis der Gegebenheiten im möglichen Gastland aufgesetzt sind. Verhandlungen sind hier sinnvoll und zumeist mit positivem Ausgang für beide Seiten möglich.
  3. Einigen Sie sich mit dem Studierenden auf einen möglichen Praktikumsbeginn und eine geplante Praktikumsdauer. Behalten Sie dabei im Blick, dass internationale Praktikanten ggf. noch ein Visum von der Botschaft im eigenen Land und eine Arbeitsfreigabe der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung in Deutschland einholen müssen.
  4. Prüfen Sie, ob der vereinbarte Zeitrahmen des Praktikums unter die Mindestlohnpflicht fällt und passt für Sie die Praktikumsdauer entsprechend an.
  5. Prüfen Sie die üblichen Versicherungsregelungen im eigenen Hause, halten diese im Praktikumsvertrag fest und informieren den Praktikanten über in Deutschland notwendige/ übliche Versicherungen.
  6. Legen Sie die Praktikumsaufgaben und die Betreuungsmodi für den Praktikanten fest, ebenso den wöchentlichen Arbeitsstundenumfang sowie die Bezahlung.
  7. Förderverträge von Programmen wie Erasmus+ enthalten keine Verschwiegenheits- oder Datenschutzklauseln. Diese können Sie über hausinterne Verträge zusätzlich abschließen. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass sich beide Verträge nicht in einzelnen Punkten widersprechen.

(2) Free Mover bringen meist keine eigenen Dokumente mit. In diesem Fall können Sie auf eigene Vertragsvorlagen zurückgreifen. Folgende Inhalte müssen dabei bedacht sein:

  1. Praktikumsdauer,
  2. Praktikumsinhalte,
  3. Qualifikationen, die der Praktikant mitbringen muss, um die geplanten Aufgaben leisten zu können,
  4. Qualifikation, die im Verlauf des Praktikums erlernt werden sollen,
  5. Angaben zur Betreuung (Wer? Wie?),
  6. Ggf. Zahl der Credit Points oder andere Art der Anerkennung durch die Hochschule (in diesem Fall sollte die Hochschule den Praktikumsvertrag mit unterzeichnen),
  7. Notwendige Versicherungen, die der Praktikant mitbringen muss,
  8. Wöchentliche, durchschnittliche Arbeitszeit und
  9. Angaben zur Vergütung oder geldwerten Unterstützungsleistungen.

Bitte bedenken Sie: Obwohl die offizielle Sprache Deutsch ist und üblicherweise alle Unterlagen und Verträge auch auf Deutsch erstellt und abgelegt werden, wäre es interkulturell eine nette Geste, den Praktikumsvertrag mit einem nicht-Deutsch-sprachigen Praktikanten auf Englisch zu erstellen oder ihm eine entsprechende Übersetzung anzubieten. Das gibt dem Praktikumsgeber auch die Sicherheit, dass die Details der gemeinsamen Absprachen auch wirklich verstanden wurden.

Was ist das Erasmus+ Programm?

Erasmus+ ist ein EU-Programm zur Förderung allgemeiner und beruflicher Bildung, Jugend und Sport in Europa. Es ist ausgestattet mit 14,7 Milliarden Euro und soll Millionen von Europäerinnen und Europäern ermöglichen, im Ausland zu studieren, sich weiterzubilden, Berufserfahrung zu sammeln oder Freiwilligenarbeit zu leisten.

Ziele des Programms

Erasmus+ soll einen Beitrag zur Strategie Europa 2020 für Wachstum, Beschäftigung, soziale Gerechtigkeit und Inklusion sowie zu den Zielen von ET2020, dem strategischen Rahmen der EU für allgemeine und berufliche Bildung, leisten. Das Programm dient auch der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung seiner Partnerorganisationen im Bereich der Hochschulbildung und soll zur Verwirklichung der Ziele der EU-Jugendstrategie beitragen.

Konkrete Ziele:

  • Reduzierung der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit
  • Förderung der Erwachsenenbildung, insbesondere für neue und auf dem Arbeitsmarkt benötigte Kompetenzen
  • Motivation junger Menschen zur Teilhabe am demokratischen Leben in der EU
  • Förderung von Innovation, Kooperation und Reform
  • Senkung der Zahl der frühen Schulabgänger
  • Förderung der Zusammenarbeit und Mobilität im Austausch mit Partnerländern der EU

Erasmus+ läuft bis 2020 und bietet nicht nur Möglichkeiten für Studierende. 2017 feierte das Erasmus+ Programm 30jähriges Bestehen. Im Verlauf dieser Zeit wurde über die verschiedenen Bereiche dieses Europäischen Programms und seiner Vorgänger 9 Millionen Menschen eine internationale Mobilität ermöglicht. Seit 2018 beschränkt sich das Programm nun nicht mehr nur auf Mobilität innerhalb Europas, sondern eröffnet Möglichkeiten für Hochschulen und Bildungseinrichtungen weltweit.

Was Sie bei der Vorbereitung beachten sollten.

Neben der üblichen Vorbereitung auf den neuen Mitarbeiter in fachlicher Hinsicht und in der Vorbereitung und Einrichtung eines Arbeitsplatzes empfehlen wir, sich auch interkulturell auf den internationalen Studierenden vorzubereiten. Das empfiehlt sich ganz besonders dann, wenn die Mitarbeiter des Bereichs bislang nur wenig Kontakte mit internationalen Kollegen hatten. Sich in einer Fremdsprache ausdrücken zu können, also die entsprechenden Vokabeln zu kennen, heißt nämlich nicht automatisch, dass man einander auch versteht.

Beispiele:

  • Während in Deutschland das Leben in den privaten und den Arbeitsbereich aufgeteilt sind, existiert in vielen anderen Ländern diese deutliche Trennung nicht. Internationale Praktikanten können sich darum schwertun, wenn man sie quasi ohne Begrüßung gleich in das Business as usual eingliedert. Besser ist es, sich in einem Welcome Meeting (siehe Informationen weiter unten) ganz konkret um den Neuling zu kümmern und auch nach den Gegebenheiten zu fragen, die das Praktikum nicht direkt, wohl aber den Aufenthalt im Land betreffen. Diesen Service übernehmen wir für Sie, wenn Sie das wünschen.
  • Ablehnung, Nichtzustimmung, Andersartigkeit im Denken auszudrücken ist in Deutschland ganz normal. Auch über Hierarchien hinweg. Auf den Ton kommt es an. In vielen Kulturen außerhalb Europas ist dies jedoch undenkbar. Diese Kulturen würden es als Affront auffassen, auf eine Bitte eine direkte Absage zu empfangen. Auf der anderen Seite würde der das Gesicht verlieren, der einer Bitte nicht nachkommt. Hier ist Aufmerksamkeit gefragt, denn statt des Wörtchens NEIN wird man Ihnen vielleicht 3 mögliche Alternativen nennen, aus denen Sie erkennen müssen, dass man Ihnen zwar gern weiterhelfen möchte, es aber nicht kann.
  • Während in Deutschland fehlende Kritik oft schon als höchstes Lob angesehen wird, wäre das ehrlich gemeinte, deutsche „Gut gemacht“ für manche internationale Praktikanten ein deutliches Signal, dass ihr Werk dringender Überarbeitung bedarf. Es fehlt ihnen schlicht an überschwänglicher Freude, damit das Lob auch wirkt.

Diese drei kleinen Beispiele zeigen Ihnen, dass interkulturelle Kommunikation kleine Fettnäpfchen bereithält, die man vielleicht nicht verhindern, bei guter Vorbereitung zumindest aber erkennen und ggf. im Nachgang gemeinsam besprechen und ausräumen kann.

Ihre Suche auf den üblichen Kanälen wird Ihnen eine Vielzahl an interkultureller Beratungsliteratur bieten, die Ihnen und Ihrem Praktikanten weiterhelfen wird.

Der erste Praktikumstag

Wir haben uns angewöhnt, alle internationalen Praktikanten zu einem Welcome Meeting am ersten Tag des Praktikums zu bitten. Ggf. sogar dem Praktikumszeitraum vorgelagert.

Wir tun das aus der Erfahrung heraus,

  • dass zu Beginn eines Praktikums mit Wohnort- und Landeswechsel eine Vielzahl administrativer Prozesse bewältigt werden muss von Menschen, die mit der deutschen Mentalität und deutscher Administration mitunter nur wenig Erfahrung haben.
  • dass diese Menschen aus Ländern kommen können, deren Service-Begriff ein anderer ist als der in Deutschland und die daher mit anderen Erwartungen an unterstützende Maßnahmen hier ankommen.
  • dass der immer auftretende Kulturschock und das damit einhergehende Gefühl der Verunsicherung auf diese Weise abgemildert werden kann.
  • dass ganz pragmatisch die Praktikanten besser an ihren fachlichen Aufgabenstellungen arbeiten können, wenn die anderen anstehenden Aufgaben geklärt sind oder in Arbeit und wenn sie wissen, dass sie bei all diesen Prozessen nicht allein sind.
  • dass es uns mehr Arbeitszeit kostet, bestimmte Umstände wieder zu beheben, als sie von vorn herein auszuschließen bzw. offensiv anzugehen.

Die Vorlagerung des Termins erbitten wir oft von Praktikanten, die aus Ländern kommen, deren Reise einen ganzen Tag in Anspruch nimmt. Das verschafft den Studierenden die nötige Zeit,

  • tatsächlich anzukommen, denn viele junge Reisende planen verpasste Flüge und verspätete Ankunftszeiten nur selten ein.
  • sich von der anstrengenden Reise zu erholen.
  • sich vorab schon mal in der Stadt einen Überblick zu verschaffen, den Weg in unser Büro bzw. zum Praktikumsgeber schon mal abzulaufen/ sich entsprechend mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vertraut zu machen, um zum Praktikumsstart pünktlich zu sein.

Inhalte des Welcome Meetings:

Administratives

  • Prüfung des von allen Seiten abgezeichneten Praktikumsvertrages
  • Prüfung der Gültigkeit der ID-Card/ des Passes über die gesamte Dauer des Praktikums und darüber hinaus
  • Prüfung der Aktualität der Student-ID/ des Studierendenausweises über die gesamte Dauer des Praktikums hinweg
  • Prüfung des Status der Krankenversicherung
  • Abfragen der Anschrift am Praktikumsort
  • Klären der Notwendigkeit und des Status der Anmeldung bei der Meldebehörde
  • Belehrung mit Blick auf die Versicherungspflicht generell
  • Belehrung mit Blick auf die vom Unternehmen gewährte Unfallversicherung für den Zeitraum des Praktikums
  • Belehrung mit Blick auf Urlaubsanspruch und Vorgehen bei der Beantragung
  • Belehrung hinsichtlich des Umgangs mit Krankheitsphasen und entsprechenden Meldepflichten

Service

  • Informationen generell zum Gesundheitssystem in Deutschland
  • Informationen zur Sicherheit während des Praktikums und zur Sicherheitslage am Praktikumsort
  • Information zum Erwerb in Deutschland gültiger Sim-Cards
  • Information zum Erwerb eines deutschen Bankkontos
  • Begleitservice zur Meldebehörde/ Ausländerbehörde
  • Kulturelle Informationen zu den im Praktikumsunternehmen üblichen Umgangsformen, -regeln usw.
  • Informationen zu Möglichkeiten der Vernetzung mit anderen Studierenden. (Z.B. Erasmus+ Stammtisch)
  • Informationen zu kulturellen und sportlichen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung in Dresden.

Das Praktikum neigt sich dem Ende entgegen.

Mit Blick auf die Praktikumsinhalte und die Leistung des Praktikanten ist es natürlich angebracht, ein abschließendes Gespräch zu führen. Dieses sollte allerdings auch offen sein für die Hinweise und Anmerkungen des Studierenden mit Blick auf die Organisation des Praktikums in Ihrer Fakultät bzw. Ihrer Forschungseinrichtung. Je nachdem auf welche Weise der Praktikant seinen Praktikumszeitraum anerkannt bekommen möchte, müssen Sie ggf. vorgefertigte Bestätigungsformulare ausfüllen und ihm ein qualifiziertes Praktikumszeugnis zumeist in englischer Sprache ausstellen.